
Du öffnest morgens die Garage, die Luft ist noch kühl, der Helm liegt schon bereit – eigentlich willst du nur aufsteigen und den Tag starten. Und dann siehst du es: ein dunkler, schimmernder Fleck direkt unter deinem Motorrad. Dieses kleine, unscheinbare Oval auf dem Beton schafft es in Sekunden, deine komplette Stimmung zu kippen. Für viele Biker ist genau dieser Moment die pure Horrorvorstellung, so etwas wie die Motorrad-Version von „Motor defekt, bevor du losfährst“. Ölverlust hat diese unangenehme Symbolik: Er wirkt sofort wie der Vorbote eines kapitalen Schadens, einer teuren Reparatur oder im schlimmsten Fall eines Motortods.
Schaut man aber nüchtern hin, fällt die Lage oft weniger dramatisch aus. Viele Lecks sind weit unspektakulärer, als der erste Eindruck vermuten lässt. Ein Dichtring, der nicht mehr ganz dicht ist, ein Ölfilter, der durch Vibrationen eine halbe Umdrehung verloren hat, oder leichte Überfüllung vom letzten Service – das alles sind banale Ursachen, die sich schnell beheben lassen. Trotzdem ist es ein Moment, der Respekt verdient. Denn ein Ölfleck bleibt nicht ohne Konsequenzen. Er ist technisch riskant, weil Öl auf Reifen oder Bremsen die Kontrolle über das Motorrad ruinieren kann. Und er ist rechtlich heikel, weil selbst minimale Mengen im deutschen Umweltrecht als potenzielle Gefahr eingestuft werden. Ein einziger Tropfen kann ausreichen, um Ärger zu bekommen – vor allem dann, wenn er auf öffentlichem Grund landet.
Gerade deshalb lohnt es sich, nicht in Panik zu verfallen, sondern einen kühlen Kopf zu bewahren und systematisch vorzugehen. Die Ursachen lassen sich meist schneller eingrenzen, als man denkt. Mit ein paar einfachen Schritten kannst du feststellen, ob wirklich ein ernstes Problem vorliegt oder ob du nur eine harmlose Kleinigkeit beseitigen musst. Dieser Moment in der Garage ist dann nicht das Ende der Fahrt, sondern nur der Start einer kurzen, aber wichtigen Diagnose, die dir am Ende Zeit, Geld und Nerven spart.
Der erste Gedanke in solchen Momenten ist erstaunlich vorhersehbar: „Ach, wird schon gehen. Ich fahre einfach langsam.“ Genau dieser Reflex führt aber häufig zu den gefährlichsten Situationen, weil er das eigentliche Risiko völlig unterschätzt. Öl verhält sich nicht wie Wasser, es verdunstet nicht, es zieht nicht ein und es ist auch nicht mit einem kurzen Abwischen getan. Sobald Öl in den Bereich des Hinterreifens gelangt, verändert sich das Fahrverhalten radikal – und vor allem unvorhersehbar. Die Haftung kann sich innerhalb weniger Meter halbieren, manchmal sogar komplett wegbrechen. Du merkst es oft erst dann, wenn das Heck plötzlich leicht ausschert oder das Motorrad in der Kurve unerwartet „schwimmt“. Und dann ist es zu spät.
Besonders kritisch ist der Weg des Öls, wenn es nach vorn wandert. Gelangt es in Richtung Bremsscheiben oder Bremsbeläge, entsteht eine Situation, die selbst erfahrene Fahrer kaum kontrollieren können. Ein hauchdünner Ölfilm reicht, um die Reibwerte massiv zu verschlechtern. Der typische Druckpunkt fühlt sich plötzlich weich an, der Hebelweg wird länger, und die Bremse verliert entscheidend an Wirkung. In manchen Fällen kann das System komplett versagen – ein Albtraum in jeder Verkehrssituation.
Aber abseits der reinen Fahrsicherheit gibt es noch die juristische Seite, die genauso ernst genommen werden muss. In Deutschland ist Ölverlust nicht einfach nur ein technischer Mangel, sondern eine mögliche Umweltgefährdung. Schon kleine Tropfen können ins Erdreich sickern oder über Regenwasser in die Kanalisation gelangen. Die gesetzlichen Bestimmungen sind entsprechend streng: Bereits geringe Mengen können als Ordnungswidrigkeit gelten, und sobald eine Verunreinigung im öffentlichen Raum entsteht, kann ein Feuerwehreinsatz angeordnet werden. Diese Einsätze werden vollständig in Rechnung gestellt – und wer einmal die Gebührenordnung gesehen hat, weiß, dass es schnell teuer wird. Im ungünstigsten Fall rutscht man von „ein paar Tropfen“ in die Region mehrerer Hundert Euro.
Deshalb lautet der einzig sinnvolle erste Schritt: Sofort anhalten, Motor abstellen und die Situation sichern. Kein Weiterfahren, kein „nur bis zur nächsten Ecke“. Wenn du Ölbindemittel oder zumindest etwas Granulat wie Katzenstreu im Zugriff hast, solltest du es direkt auf die betroffene Stelle geben, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Erst danach lohnt es sich, darüber nachzudenken, woher das Öl kommt und wie du weiter vorgehst. Sicherheit und Umweltrecht greifen hier ineinander – und beide dulden keinen Aufschub oder Kompromiss.
Bevor du dich gedanklich schon in eine teure Motorrevision hineinsteigerst oder den nächsten Werkstatttermin buchst, lohnt es sich, die vermeintliche Ölpfütze genauer zu betrachten. Viele Flüssigkeiten am Motorrad sehen auf den ersten Blick ähnlich aus, verhalten sich aber vollkommen unterschiedlich. Und nicht selten stellt sich heraus, dass die dunkle Spur unter dem Motorrad gar nichts mit dem Motor selbst zu tun hat. Manche Maschinen verlieren im Sommer etwas aufgeweichtes Kettenfett, das durch die Hitze vom Auspuff oder der Schwinge zu tropfen beginnt. Andere setzen bei hohen Temperaturen etwas Kühlflüssigkeit über das Entlüftungssystem ab. Es wäre also voreilig, gleich vom Schlimmsten auszugehen.
Der einfachste Weg, schnell Klarheit zu gewinnen, ist der klassische Fingertest. Du brauchst dafür weder Werkzeug noch besonderes Können – nur ein sauberes Taschentuch oder deine Fingerspitzen. Motoröl fühlt sich weich, geschmeidig und leicht schmierig an. Es ist meist braun, dunkelbraun oder tiefschwarz, je nach Alter und Laufleistung. Getriebeöl hat ein deutlich kräftigeres, fast stechendes Aroma und wirkt oft etwas zäher. Hydrauliköle – je nach System – können ebenfalls farbig oder neutral wirken, riechen aber intensiver als Motoröl.
Kühlflüssigkeit erkennst du fast immer sofort. Sie ist ungewöhnlich bunt: grün, türkis, blau oder pink. Dazu kommen eine eher wässrige Konsistenz und ein leicht süßlicher Geruch, der durch das enthaltene Glykol entsteht. Diese Pfützen sind zwar unangenehm, aber meist weniger gefährlich als Öl – es sei denn, sie stammen aus einem Riss im Kühlsystem.
Richtig kritisch wird es jedoch, wenn die Flüssigkeit sehr dünn ist, fast wässrig wirkt und gelbliche oder transparente Spuren hinterlässt. Das deutet auf Bremsflüssigkeit hin. Sie verrät sich oft durch einen stechenden, leicht fischigen Geruch und fühlt sich beim Reiben zwischen den Fingern stumpf und „trocken“ an. DOT-Flüssigkeiten greifen Lacke an, ziehen Feuchtigkeit, zerstören Dichtungen und können im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Bremse unvorhersehbar versagt. Sobald du einen solchen Verdacht hast, ist höchste Vorsicht geboten.
Und dann gibt es natürlich noch den Klassiker, der gerne für Panik sorgt, aber oft harmlos ist: Kettenfett. Wenn es sich durch Hitze verflüssigt, tropft es schwarz und klebrig auf den Boden, sieht aber gefährlicher aus, als es ist. Genau deshalb ist diese Unterscheidung so wichtig. Nicht jedes Leck bedeutet ein Problem – aber jedes Leck verdient es, korrekt eingeordnet zu werden, bevor du den nächsten Schritt gehst.
Das eigentlich Frustrierende an Ölverlust ist selten der Defekt selbst, sondern die Spurensuche davor. Sobald Motoröl an einer Stelle austritt, bleibt es nicht brav dort, wo es entstanden ist. Fahrtwind, Vibrationen, Hitzeverwirbelungen – all das trägt kleinste Mengen überall hin. Dadurch entstehen Ölfahnen, die sich scheinbar über den gesamten Motorblock ziehen. Du findest dann Rückstände an Stellen, an denen definitiv keine Dichtung sitzt, und genau das macht die Fehlersuche so tückisch. Viele Biker beginnen deshalb an völlig falschen Punkten zu schrauben und verlieren wertvolle Zeit, während die tatsächliche Schwachstelle oft nur einige Millimeter daneben liegt.
Genau aus solchen Situationen stammt ein Werkstatttrick, der schon seit Jahrzehnten im Umlauf ist und bis heute unschlagbar einfach funktioniert: der Mehl-, Talkum- oder Babypuder-Trick. Er nutzt einen simplen physikalischen Effekt, der jedoch erstaunlich klar arbeitet. Der gesamte Ablauf beginnt mit etwas, das ohnehin unverzichtbar ist: einer gründlichen Reinigung. Mit reichlich Bremsenreiniger entfernst du alte Ölfilme, Staub und Kettenfett rund um Motor, Getriebe, Ventildeckel und andere Problemzonen. Nur wenn die Oberflächen komplett sauber und trocken sind, lässt sich das frische Leck später erkennen.
Im nächsten Schritt kommt das Pulver ins Spiel. Du streust eine dünne Schicht Mehl, Talkum oder Babypuder auf jene Stellen, die du im Verdacht hast. Alternativ eignet sich auch spezielles Lecksuchspray, das ähnlich funktioniert, aber besser haftet. Das weiße Pulver bildet eine trockene, sichtbare Oberfläche, die schon durch kleinste Öltropfen sofort verfärbt wird. Dann startest du den Motor und lässt ihn ein paar Minuten im Stand laufen. Achtung: Achte darauf, dass kein Mehl direkt auf den glühend heißen Krümmer rieselt – es könnte einbrennen und stinken. Talkum oder professionelles Lecksuchspray sind an heißen Stellen die sicherere Wahl. Manchmal reicht sogar schon die Zündung im Leerlauf – je nach Schwere des Lecks.
Und jetzt passiert der eigentliche Aha-Moment: Wenn irgendwo Öl austritt, frisst sich der Tropfen förmlich durch die weiße Schicht und zeichnet eine klare, dunkle Linie. Diese zeigt dir detailliert den Weg, den die Flüssigkeit nimmt – vom ersten Punkt des Austritts bis zu der Stelle, an der sie zuvor unauffällig heruntergelaufen ist. Selbst Haarrisse, die du mit bloßem Auge kaum erkennst, entlarvt der Mehl-Trick zuverlässig. Ölige Dichtflächen, leicht verzogene Ventildeckel oder ein minimal gelockerter Filter hinterlassen auf dem hellen Untergrund sofort ihre Signatur.
Der Unterschied zu „blindem“ Suchen ist enorm. Statt stundenlang mit der Taschenlampe um das Motorrad herumzukriechen, weißt du mit einer einzigen Methode oft innerhalb weniger Minuten, was Sache ist. Genau deshalb wird dieser Trick nicht nur von Hobbyschraubern genutzt, sondern auch von erfahrenen Mechanikern, wenn Spuren unklar oder verwischt sind. Manche Lösungen bleiben eben zeitlos – und diese hier gehört definitiv dazu.
Sobald du mithilfe des Mehl-Tricks oder einer gründlichen Reinigung die tatsächliche Austrittsstelle gefunden hast, beginnt der pragmatische Teil: die Einordnung. Und hier zeigt sich schnell, dass Ölverlust bei Motorrädern selten ein exotisches oder mysteriöses Problem ist. In der großen Mehrheit der Fälle landet man bei fünf altbekannten Schwachstellen, die jeder Schrauber schon dutzende Male gesehen hat – egal ob bei japanischen Alleskönnern, Adventure-Motorrädern oder älteren Naked-Modellen.
Ganz oben auf der Liste steht die Ölablassschraube. Sie wirkt unscheinbar, entscheidet aber überraschend oft über dicht oder undicht. Viele Fahrer unterschätzen, wie wichtig der kleine Kupfer- oder Alu-Dichtring ist, der bei jedem Ölwechsel erneuert werden sollte. Wird derselbe Ring noch einmal benutzt oder die Schraube etwas zu locker oder zu fest angezogen, kann die Dichtung nicht richtig arbeiten. Die ersten Tropfen zeigen sich meist erst nach einigen Kilometern, wenn Motor und Öl warm geworden sind und sich Metallteile minimal ausgedehnt haben.
Direkt dahinter folgt der Ölfilter als Dauerverdächtiger. Auch hier spielt die Gummidichtung die Hauptrolle. Ein absoluter Klassiker nach dem Do-it-yourself-Ölwechsel ist die „doppelte Dichtung“. Wenn die alte Gummidichtung unbemerkt am Motorblock kleben bleibt und der neue Filter einfach darüber geschraubt wird, hält das System dem Druck nicht stand – das Öl spritzt oft schon kurz nach dem Start heraus. Aber auch, wenn der Filter sich durch Vibrationen leicht lockert oder verkantet montiert wurde, bilden sich dunkle Spuren rund um den Flansch.
Weiter oben am Motor findet sich dann die Ventildeckeldichtung – ein echter Klassiker bei Laufleistungen jenseits der 30.000 bis 50.000 Kilometer. Durch Hitze und Alterung wird das Material spröde, verliert Elastizität und beginnt zunächst leicht zu „schwitzen“. Dieses Schwitzen ist oft nur ein dünner Film, der aber mit der Zeit zu sichtbaren Tropfen führt. Das Problem wächst langsam, aber es wächst zuverlässig.
Ebenfalls notorisch sind undichte Simmerringe an beweglichen Wellen. Besonders häufig betroffen sind der Bereich um die Schaltwelle und die Ausgangswelle des Getriebes, also Richtung vorderes Ritzel. Diese kleinen, unscheinbaren Gummiringe kosten nur wenige Euro, aber sie werden ständig belastet: durch Vibrationen, Schmutz, Bewegung, Öl und Temperaturwechsel. Wenn einer dieser Ringe nachgibt, sieht man das meist sofort, denn an genau diesen Stellen sammelt sich Öl besonders gerne und wandert dann entlang der Kette oder des Rahmens nach hinten.
Und schließlich gibt es den Klassiker, der überraschend oft vorkommt und für die wildesten Ölschlieren sorgt: zu viel Öl im Motor. Die Versuchung ist groß, „bis über Max“ aufzufüllen, vor allem wenn man denkt, das Motorrad würde „mehr Reserven“ brauchen. Doch sobald die Max-Markierung überschritten wird, drückt der Motor das überschüssige Öl zwangsweise irgendwohin – meist über die Kurbelgehäuseentlüftung direkt in den Luftfilterkasten. Viele Motorräder haben hierfür einen transparenten Ablaufschlauch mit Stopfen, der unten aus dem Motorrad ragt. Ein erster Blick sollte immer hierhin gehen: Ist der Schlauch voll Öl, muss er entleert und der Ölstand korrigiert werden. Von dort verteilt es sich sonst wie ein dünner Film über Ansaugtrakt, Rahmen und manchmal sogar über Seitenteile. Das Ergebnis sieht nach Motorschaden aus, ist aber tatsächlich einer der harmloseren Fehler und schnell behoben.
Die gute Nachricht: Wenn du einmal weißt, wo du hinschauen musst, verlieren diese fünf Problemstellen ihren Schrecken. Und die meisten lassen sich mit etwas Geduld und einem neuen Dichtring schneller beheben, als man es im ersten Schreckmoment vermuten würde.
Wenn du eine Pfütze unter dem Motorrad findest, denkst du fast automatisch an Motoröl. Doch sobald die Spur sich im Bereich des Vorderrads zeigt oder das Standrohr leicht schmierig wirkt, solltest du sofort an die Telegabel denken. Undichte Gabelsimmerringe gehören zu den am meisten unterschätzten Risiken im Motorradalltag. Sie kündigen sich selten spektakulär an. Meist beginnt alles mit einem dünnen Ölfilm, der kaum auffällt, weil er zunächst nur eine matte Linie am Standrohr hinterlässt. Viele Fahrer wischen das gelegentlich einfach ab und fahren weiter – oft ohne sich bewusst zu sein, was diese unscheinbare Spur bedeutet.
Das eigentliche Problem versteckt sich hinter der Dynamik beim Fahren. Jedes Ein- und Ausfedern verteilt das austretende Öl weiter und weiter, bis es sich als schmierige, fast unsichtbare Schicht über die gesamten Gabelholme legt. Ab diesem Moment wird es kritisch: Der Wind trägt den Film an Stellen, die absolut sauber bleiben müssen – an die Bremssättel und die Bremsscheiben. Schon wenige Tropfen Gabelöl auf der Scheibe reichen, um die Bremswirkung drastisch zu reduzieren. Die Bremse fühlt sich dann plötzlich glasig an, der Hebel bekommt einen irritierend langen Weg und die Verzögerung fällt unberechenbar aus. Das Tückische daran ist, dass du diesen Verlust meist nicht in einem klaren Moment bemerkst, sondern Schritt für Schritt – bis es in einer Gefahrensituation zu spät ist.
Genau deswegen ist ein Weiterfahren mit undichten Gabelsimmerringen keine Option. Es geht hier nicht um Komfort oder „wird schon gehen“, sondern um ein unmittelbares Sicherheitsrisiko. Selbst langsam gefahrene Meter erzeugen genug Federweg, um weiteres Öl zu verteilen und die Bremsen zu kontaminieren. Die einzig sinnvolle Entscheidung lautet: Maschine abstellen, nicht mehr weiterfahren und, wenn möglich, abschleppen lassen. Im absoluten Notfall – etwa wenn du aus einer abgelegenen Straße heraus musst – bleibt nur die Schritttempo-Fahrt ohne Nutzung der Vorderradbremse.
Die Reparatur an sich wirkt fast banal im Vergleich zur Gefahr. Ein Satz neuer Simmerringe kostet nicht die Welt, und die Arbeit ist für jede gut ausgestattete Werkstatt Routine. Aber die unmittelbare Reaktion muss klar ausfallen: Sobald du Öl an der Gabel siehst, handelt es sich nicht mehr um reine „Wartung“, sondern um ein Thema, das deine Sicherheit direkt betrifft.
Wenn dein TÜV-Termin bevorsteht, lohnt sich ein genauer Blick auf jede ölfeuchte Stelle am Motorrad. Denn während für viele Fahrer ein leichter Film am Motor kaum erwähnenswert wirkt, ist er für Prüfer ein klarer Hinweis darauf, dass irgendwo eine Dichtung nicht mehr perfekt arbeitet. Die Unterscheidung, die der Prüfer vor Ort trifft, ist jedoch eindeutig – und kann darüber entscheiden, ob du die Plakette bekommst oder direkt wieder vorfahren musst.
Die mildere Variante nennt sich „ölfeucht“. Das bedeutet, dass der Motor zwar sichtbar schwitzt, aber noch keine Tropfen hängen. Die Oberfläche wirkt dann leicht glänzend, vielleicht sogar etwas schmierig, aber alles bleibt an Ort und Stelle. Das ist aus Sicht des TÜV zwar ein Mangel (Geringer Mangel), aber einer, der in der Regel nicht sicherheitsrelevant ist. Du bekommst die Plakette, häufig mit dem Hinweis, das bei Gelegenheit zu beobachten oder mittelfristig zu beheben.
Ganz anders sieht es aus, wenn aus „ölfeucht“ ein echter „Ölverlust“ wird. Sobald ein Tropfen sichtbar hängt oder sogar am Motorblock nach unten läuft, stufen Prüfer das Motorrad als erheblich mangelhaft ein. Damit ist der TÜV bestanden oder nicht bestanden – und bei Ölverlust lautet die Antwort eindeutig: nicht bestanden. Du musst erst reparieren, bevor du erneut zur Prüfung antreten darfst.
Die strenge Einordnung hat wenig mit Bürokratie zu tun, sondern mit Umweltrecht. In Deutschland gilt abtropfendes Öl als klare Gefährdung für Böden, Gewässer und Kanalisation. Bereits geringe Mengen können ausreichen, um als Umweltverstoß gewertet zu werden. Dass der TÜV hier genau hinschaut, ist also keine übertriebene Regel, sondern ein direkter Schutzmechanismus, der verhindert, dass Motorräder in verkehrsreichen Gebieten unbemerkt Öl verlieren.
Unterm Strich bedeutet das: Ein leichter Film ist lästig, aber selten ein Drama. Tropfendes Öl dagegen ist nicht verhandelbar – weder für dich, noch für den Prüfer. Wenn auch nur ein Tropfen sichtbar hängt, hilft kein Diskutieren, kein „aber das war schon immer so“. Dann heißt es: abdichten, wechseln, nachziehen – und erst dann wieder zur Prüfstelle.
Ölverlust hat die unangenehme Fähigkeit, sofort Alarm auszulösen – und das verständlicherweise. Ein dunkler Fleck unter dem Motorrad sieht im ersten Moment nach einem ernsten technischen Schaden aus. In der Praxis zeigt sich jedoch oft, dass die Ursache weit unspektakulärer ist, als der erste Schock vermuten lässt. Viele Lecks gehen auf Kleinigkeiten zurück: eine Dichtung, die nach Jahren einfach hart geworden ist, eine Schraube, die sich durch Vibrationen ein paar Millimeter gelockert hat, oder eine Überfüllung, die der Motor sich buchstäblich selbst wieder „zurechtdrückt“.
Trotzdem bleibt eines ganz klar: Ölverlust ist kein Thema, das man ignorieren darf. Öl verteilt sich schnell, kann Bremsen oder Reifen gefährden und zieht im öffentlichen Raum gerne auch rechtliche Konsequenzen nach sich. Deshalb ist ein systematischer Ansatz entscheidend. Reinigen, beobachten, das Leck eindeutig lokalisieren und sachlich beurteilen, ob du die Reparatur selbst übernehmen kannst oder ob die Werkstatt die bessere Wahl ist. Die meisten Ursachen sind bei rechtzeitigem Handeln günstig und problemlos zu beheben.
Die wichtigste Regel bleibt jedoch unverhandelbar: Mit einem frischen Ölverlust weiterzufahren, ist keine Option. Nicht aus technischer Sicht, nicht aus sicherheitsrelevanter Sicht und auch nicht im Hinblick auf die Umwelt. Wenn du besonnen vorgehst, den Ursprung klar identifizierst und die Undichtigkeit zeitnah behebst, wird aus einem potenziellen Albtraum ein lösbares, oft sogar kleines Problem – lange bevor es die Chance hat, wirklich großen Schaden anzurichten.
Wie gefährlich ist es, mit Ölverlust weiterzufahren?
Sehr gefährlich. Gelangt Öl auf Reifen oder Bremsscheiben, kann der Grip drastisch sinken und die Bremsleistung ausfallen. Bereits wenige Tropfen können zu einem Kontrollverlust führen. Daher sollte das Motorrad sofort abgestellt werden.
Woran erkenne ich, ob es wirklich Motoröl ist?
Motoröl ist dunkel und schmierig. Kühlflüssigkeit dagegen ist farbig und süßlich, Bremsflüssigkeit dünn und aggressiv, während Kettenfett schwarz und klebrig wirkt. Farbe, Geruch und Konsistenz liefern schnelle Hinweise.
Was bringt der Mehl- oder Talkum-Trick zur Lecksuche?
Durch das Bestäuben verdächtiger Stellen mit Mehl, Babypuder oder Lecksuchspray wird austretendes Öl sofort sichtbar. Der dunkle Streifen auf hellem Untergrund zeigt die genaue Austrittsstelle und spart viel Zeit bei der Diagnose.
Welche Stellen sind die häufigsten Ursachen für Ölverlust?
Typische Schwachpunkte sind Ölablassschraube, Ölfilter, Ventildeckeldichtung, Simmerringe an Schalt- oder Ritzelwelle sowie überfüllter Motorölstand, der Öl über die Entlüftung in die Airbox drückt.
Kann Ölverlust Einfluss auf die TÜV-Plakette haben?
Ja. „Ölfeucht“ gilt als geringer Mangel und führt meist zur Plakette. „Ölverlust“ mit sichtbarem Abtropfen wird jedoch als erheblicher Mangel eingestuft. Dann gibt es keine Plakette, bis der Schaden behoben ist.
Was soll ich zuerst tun, wenn mein Motorrad Öl verliert?
Motorrad sofort abstellen, Zündung aus, Ölbindemittel auftragen und verhindern, dass sich Öl verteilt. Danach Leck lokalisieren und einschätzen, ob eine Fachwerkstatt notwendig ist.






