
Der erste Führerschein, die erste große Maschine – und sofort der Drang zur Individualisierung. Wer gerade den A2-Schein gemacht hat, steht oft voller Stolz vor dem ersten eigenen Motorrad. Endlich raus aus der 125er-Klasse, endlich “echtes” Biken. Doch mit der neuen Freiheit kommt auch der Wunsch nach Persönlichkeit: Der Sound soll kerniger, das Heck sportlicher, der Look einzigartig sein. Kurzum – das Bike soll nicht nur fahren, sondern ein Statement sein.
Doch genau hier beginnt der schmale Grat zwischen legalem Tuning und gefährlichem Rechtsverstoß. Viele A2-Maschinen sind in Wahrheit gedrosselte Mittelklasse-Bikes – ihre wahre Leistung liegt jenseits der erlaubten 35 kW. Und schon kleine Eingriffe in die Drosselung oder der Austausch einzelner Komponenten können gravierende Folgen haben: Wer unbewusst (oder absichtlich) die Grenze überschreitet, riskiert nicht nur eine Anzeige, sondern auch den Verlust des Führerscheins und den Versicherungsschutz.
Was auf den ersten Blick wie eine harmlose Schrauberei wirkt, kann also zur Straftat werden. Und das betrifft nicht nur den Motor: Auch Auspuffanlagen, Spiegel, Blinker, Halterungen und andere Anbauteile unterliegen strengen Regeln, sobald sie die Sicherheit oder Zulassung beeinflussen.
Diese Analyse beleuchtet die häufigsten Tuningmaßnahmen bei A2-Bikes, trennt klar zwischen erlaubten und illegalen Modifikationen – und zeigt, wie junge Fahrer:innen ihr Motorrad stilvoll individualisieren können, ohne sich dabei selbst aus dem Verkehr zu ziehen.
Der Führerschein der Klasse A2 ist in der europäischen Führerscheinrichtlinie verankert und richtet sich primär an Fahranfänger:innen ab 18 Jahren. Er erlaubt das Fahren von Motorrädern mit einer maximalen Motorleistung von 35 kW (entspricht 48 PS). Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Zusätzlich gilt ein Leistungsgewicht-Limit von maximal 0,2 kW/kg, was bedeutet: Leichtbau und hohe Leistung sind keine Option – zumindest nicht zusammen.
Die Idee hinter dieser Einschränkung ist nachvollziehbar: Junge oder unerfahrene Fahrer:innen sollen nicht sofort auf übermotorisierte Superbikes losgelassen werden. A2 soll den Einstieg erleichtern – mit Maschinen, die ausreichend Leistung für Landstraße und Alltag bieten, aber keine Überforderung darstellen. Es geht um eine kontrollierbare Leistungsentfaltung, bessere Beherrschbarkeit und niedrigere Unfallrisiken.
Was viele allerdings übersehen: Die Regelung betrifft nicht nur das Endergebnis von 35 kW, sondern auch das Ausgangsmodell des Motorrads. Konkret heißt das:
Ein Motorrad, das ursprünglich mehr als 70 kW (95 PS) hatte, darf nicht auf 35 kW für A2 gedrosselt werden.
Diese sogenannte 70-kW-Regel soll verhindern, dass leistungsstarke Superbikes künstlich “runtergezüchtet” werden, um die A2-Kriterien zu erfüllen – nur um später wieder „entdrosselt“ zu werden. Denn in der Praxis lässt sich eine starke Maschine zwar technisch einschränken, aber sie bleibt in ihrem Fahrverhalten oft anspruchsvoller und gefährlicher als ein Modell, das von vornherein für 35 kW konzipiert wurde.
Deshalb ist die ursprüngliche Leistung entscheidend – und wird beim Eintrag in die Fahrzeugpapiere explizit berücksichtigt. Wer ein Motorrad für A2 kauft oder umbaut, sollte unbedingt darauf achten, dass es im Original nicht über der 70-kW-Grenze lag. Denn sonst ist auch ein sauberer Drosselkit nutzlos – das Fahrzeug gilt als ungeeignet für A2, egal wie stark es technisch eingeschränkt wurde.
Viele Motorräder der A2-Klasse basieren auf deutlich stärkeren Modellen, die ab Werk oder nachträglich durch technische Maßnahmen auf die erlaubten 35 kW gedrosselt wurden. Ob mechanischer Gaswegbegrenzer, elektronisches Mapping oder geänderte Ansaugwege – solche Drosselungen sind völlig legal, sofern sie korrekt dokumentiert sind und im Fahrzeugschein eingetragen wurden.
Doch für manche beginnt hier die Versuchung: „Was wäre, wenn man das Drosselkit einfach wieder entfernt?“ Ein bisschen mehr Leistung, ein bisschen mehr Drehmoment – klingt harmlos, kann aber massive rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben. Denn sobald das Motorrad technisch mehr als 35 kW leisten kann, verlässt es den gesetzlichen Rahmen der A2-Klasse. Und damit auch den Schutzbereich der eigenen Fahrerlaubnis.
Ob das Drosselkit per Software deaktiviert oder mechanisch entfernt wurde – wer mit einer entdrosselten Maschine am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt, riskiert eine Strafanzeige nach § 21 StVG: Fahren ohne Fahrerlaubnis. Und das ist kein Kavaliersdelikt.
Die möglichen Folgen:
• Geldstrafen oder im Ernstfall Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr
• Führerscheinsperre und Eintrag ins polizeiliche Führungszeugnis
• Ärger mit der Behörde, der lange nachwirkt
Übrigens: Es zählt nicht, ob Sie das Bike nur „kurz getestet“ oder „nicht schneller als erlaubt“ gefahren sind. Allein der technische Zustand im Moment der Nutzung im öffentlichen Raum ist entscheidend. Wer eine entdrosselte Maschine fährt, ohne die entsprechende Fahrerlaubnis, verstößt klar gegen geltendes Recht.
Kommt es zum Unfall – selbst ohne eigenes Verschulden – kann die Sache dramatisch eskalieren:
• Die Haftpflichtversicherung kann zwar zunächst zahlen, um den Schaden des Unfallgegners zu regulieren, doch danach den Fahrer in Regress nehmen – mit Forderungen bis zu mehreren tausend Euro.
• Kasko-Versicherungen (Teil- oder Vollkasko) lehnen in der Regel jede Leistung ab, da der Vertrag durch die unerlaubte Leistungsänderung faktisch nichtig geworden ist.
Auch der Fahrzeughalter – etwa ein Elternteil oder Händler – kann mithaftbar gemacht werden, wenn nachweislich von der Entdrosselung gewusst wurde.
Kurz gesagt: Wer sein A2-Bike entdrosselt, fährt nicht einfach ein bisschen schneller. Er bewegt sich außerhalb des Fahrerlaubnisrechts, riskiert strafrechtliche Konsequenzen – und im schlimmsten Fall ruinöse Versicherungsschäden. Stilvolles Tuning ist erlaubt. Leistungstuning bei A2? Ein gefährliches Spiel mit hohem Einsatz.
Mit der Veränderung der Motorleistung erlischt automatisch die Betriebserlaubnis (§ 19 Abs. 2 StVZO). Das bedeutet: Das Fahrzeug darf nicht mehr bewegt werden, weder auf öffentlichen Straßen noch auf privaten Parkplätzen mit öffentlichem Zugang.
Auch die Polizei oder Prüfstellen (TÜV, Dekra) dürfen ein solches Fahrzeug bei Kontrollen oder Prüfungen sofort aus dem Verkehr ziehen. Ein Bußgeldbescheid ist dabei das kleinste Problem – im Raum steht die Stilllegung des Fahrzeugs und in schweren Fällen sogar ein Verfahren wegen Kennzeichenmissbrauchs oder vorsätzlicher Täuschung.
Ein weiteres, oft unterschätztes Risiko: Auch wenn das Motorrad aktuell auf 35 kW gedrosselt ist, darf das ursprüngliche Modell niemals mehr als 70 kW gehabt haben.
Beispiel: Wer eine 100-PS-Maschine (ca. 74 kW) kauft und auf 35 kW drosselt, bewegt sich automatisch außerhalb des A2-Rahmens, auch wenn alles korrekt eingebaut wurde. Das Fahrzeug ist schlicht nicht zulässig für A2 – eine Entdrosselung ist dann gar nicht mehr nötig, um rechtlich in Schwierigkeiten zu geraten.
Wer seine A2-Maschine optisch veredeln will, findet viele legale Möglichkeiten – vorausgesetzt, man kennt die Spielregeln. Denn nicht jede LED-Leuchte oder jeder stylische Hebel ist automatisch erlaubt. Entscheidend ist in fast allen Fällen: Gibt es eine ABE (Allgemeine Betriebserlaubnis) oder eine E-Kennzeichnung? Und braucht man eine Eintragung beim TÜV oder reicht der Nachweis?
Ein sportlicherer Klang gehört für viele zum Motorradfeeling dazu. Doch bei Auspuffanlagen sind die Regeln eindeutig: Zulässig sind nur Systeme mit E-Prüfzeichen (z. B. „e1“, „e9“), das bestätigt die Einhaltung der europäischen Lärm- und Emissionsgrenzen.
Was nicht erlaubt ist: Das Entfernen oder Manipulieren des dB-Killers (Schalldämpfereinsatz). Selbst wenn die Anlage eine E-Nummer hat, verliert sie durch solche Eingriffe ihre Zulassung – was im Ernstfall nicht nur ein Bußgeld, sondern auch den Verlust der Betriebserlaubnis bedeutet.
LED-Blinker, moderne Rücklichter oder stylische Hauptscheinwerfer sind bei vielen A2-Fahrern beliebt. Auch hier gilt: E-Kennzeichnung ist Pflicht. Ist sie vorhanden, braucht man keine zusätzliche TÜV-Abnahme.
Wichtig: Die Einbauposition, Leuchtkraft und Blinkfrequenz müssen den Vorschriften entsprechen. Extrem kleine Mini-Blinker mögen optisch gut aussehen, können aber im Straßenverkehr übersehen werden – was im Zweifel auch als Mitverschulden bei einem Unfall ausgelegt werden kann.
Ein kurzer oder schräg gestellter Kennzeichenhalter wirkt sportlicher – doch auch hier gibt es klare Grenzen: Der Neigungswinkel darf maximal 30 Grad betragen, und das Nummernschild muss aus einem bestimmten Blickwinkel lesbar sein. Außerdem müssen Mindest- und Maximalhöhen eingehalten werden (30–120 cm vom Boden aus).
Ideal sind Kennzeichenhalter mit ABE, bei denen alle Maße bereits geprüft wurden. Wer auf Nummer sicher gehen will, verzichtet auf Eigenbau-Lösungen oder günstige Halter ohne Zulassung.
Kürzere Brems- oder Kupplungshebel, breitere Lenker oder stylische Rückspiegel sind beliebte Anpassungen – und oft auch funktional sinnvoll. Aber: Diese Teile dürfen nur montiert werden, wenn sie über eine ABE verfügen. Gerade bei Lenkern, die Höhe oder Breite stark verändern, ist zusätzlich eine Eintragung durch TÜV oder Dekra nötig.
Achtung bei Importteilen oder Noname-Zubehör aus dem Ausland: Fehlt eine ABE oder ein europäischer Prüfvermerk, ist der Anbau nicht erlaubt – auch wenn das Teil technisch einwandfrei erscheint.
Ein besonders beliebter Umbau sind Stahlflex-Bremsleitungen, die ein besseres Bremsgefühl und weniger Wartungsaufwand versprechen. Solche Leitungen sind zulässig, müssen aber eine ABE oder ein Teilegutachten mitbringen.
Je nach Fahrzeugmodell ist eine Eintragung ins Fahrzeugschein erforderlich – was nur über eine Abnahme durch eine Prüforganisation möglich ist. Ohne diese Schritte riskiert man bei einer Kontrolle den Verlust der Betriebserlaubnis.
Nicht jeder Umbau am A2-Motorrad ist so unkompliziert, wie es auf YouTube-Videos oder in Foren wirkt. Viele Teile lassen sich zwar schnell montieren, doch das heißt noch lange nicht, dass sie auch im Straßenverkehr legal sind. Sobald ein Bauteil keine ABE (Allgemeine Betriebserlaubnis) mitbringt, endet die Freiheit an der eigenen Garage – und beginnt die Zuständigkeit des TÜV.
Wer beispielsweise einen besonders breiten Lenker, einen seitlichen Kennzeichenhalter ohne Zulassung oder ein umgebautes Fahrwerk montiert, muss die Änderung offiziell abnehmen lassen. Nur mit einem sogenannten Teilegutachten und einer Einzelabnahme durch eine Prüforganisation (wie TÜV oder Dekra) darf das Bauteil legal genutzt werden. Diese Prüfung stellt sicher, dass der Umbau keine negativen Auswirkungen auf Fahrsicherheit, Sichtbarkeit oder das Gesamtverhalten des Motorrads hat.
Besonders heikel wird es bei Eigenkonstruktionen – etwa Bauteilen aus dem 3D-Drucker oder selbst geschweißten Halterungen. Solche Komponenten sind nur dann zulässig, wenn sie nachweislich geprüft und abgenommen wurden. Ohne diesen Schritt ist das Motorrad im rechtlichen Sinne nicht mehr verkehrssicher – und verliert seine Betriebserlaubnis.
Was das in der Praxis bedeutet? Im harmlosesten Fall eine Verwarnung und Nachprüfung. Im ungünstigeren: Bußgeld, Punkte, Stilllegung. Und wenn etwas passiert – etwa ein Unfall –, kann auch die Versicherung aussteigen oder Regress fordern.
A2-Motorräder bieten viel Spielraum für Individualisierung – aber innerhalb klar definierter Grenzen. Wer an seiner Maschine optisch Hand anlegt, darf sich kreativ ausleben, solange die Umbauten über eine ABE oder ein E-Prüfzeichen verfügen. Ob sportlicher Kennzeichenhalter, LED-Blinker oder hochwertige Bremsleitungen – das alles ist erlaubt, sofern es geprüft und zugelassen ist.
Doch beim Thema Leistung endet die Gestaltungsfreiheit schlagartig. Die gesetzlichen 35 kW sind keine Empfehlung, sondern eine harte Grenze. Jede Entdrosselung, jeder nicht genehmigte Eingriff in die Motorsteuerung macht aus einem scheinbar harmlosen Umbau ein ernstes Risiko – mit möglichen strafrechtlichen Folgen, Verlust des Versicherungsschutzes und dem Erlöschen der Betriebserlaubnis.
Wer also langfristig fahren, versichert bleiben und nicht in Konflikt mit dem Gesetz geraten möchte, sollte sich vor dem Umbau gründlich informieren – sei es über die ABE, ein Teilegutachten oder durch eine fachkundige TÜV-Beratung.
Denn: Stil ist gut. Aber legaler Stil fährt einfach besser.
📌 Für wen ist dieser Artikel ideal?
Dieser Beitrag richtet sich an A2-Fahrer:innen, die ihr erstes Motorrad individuell gestalten möchten, dabei aber nicht in rechtliche Grauzonen geraten wollen. Er ist ideal für alle, die sich für legales Tuning interessieren – sei es optisch oder technisch – und genau wissen möchten, wo bei A2-Maschinen die Grenzen liegen. Auch für Eltern, Fahranfänger:innen oder Werkstätten ist dieser Artikel eine fundierte Informationsquelle.






