Was ändert sich mit Euro 6? (Der Blick in die Glaskugel)

MotorradZoneMotorradZoneNeuheiten & Testsvor 4 Stunden131 Aufrufe

Sobald in Brüssel ein neuer Entwurf die Runde macht, passiert in der Motorradszene immer dasselbe: Ein Raunen geht durch die Foren, WhatsApp-Gruppen füllen sich mit Bildschirmfotos, und auf jedem Parkplatz entsteht plötzlich ein „Expertenkreis“, der mit ernster Miene über das Ende der Motorradkultur diskutiert. Kaum fallen Begriffe wie „neue Normen“ oder „Anpassung der Prüfprozeduren“, tauchen sofort die typischen Sorgen auf:
Wird jetzt auch noch der letzte luftgekühlte Klassiker geopfert? Droht uns ein Zeitalter, in dem Motorräder klingen wie überforderte Staubsauger? Und wird der nächste Neukauf noch teurer als sowieso schon?

2026 fahren wir offiziell unter Euro 5+, einer Norm, die nicht nur schärfer, sondern vor allem nachhaltiger gedacht ist. Der Gesetzgeber will, dass ein Motorrad nicht nur beim Neukauf sauber wirkt, sondern auch nach zehntausenden Kilometern noch mit einem funktionierenden Katalysator und einer ehrlichen Abgasbilanz unterwegs ist. Dazu kommen strengere OBD-Kontrollen, die Fehler nicht nur anzeigen, sondern dauerhaft dokumentieren müssen. Euro 5+ war also weniger ein Sprint, sondern ein Ausdauerlauf für Technik und Elektronik – und für die Hersteller ein deutliches Signal: „Wir schauen jetzt genauer hin.“

Doch das große Fragezeichen bleibt: Was kommt danach?
Die Szene spricht schon lange von „Euro 6“, aber der Begriff ist streng genommen ein Phantom. Ein offizieller Entwurf speziell für Motorräder existiert nicht. Keine Werte, keine finalen Testverfahren, keine fixen Grenzbereiche. Trotzdem – und das ist der entscheidende Punkt – lässt sich die Richtung klar ablesen, wenn du verfolgst, worüber in Brüssel, beim UNECE oder in den nationalen Umweltministerien diskutiert wird.

Der nächste große Schritt dürfte weniger damit zu tun haben, wie viel ein Motor bei Idealbedingungen ausstößt – sondern wie laut er im echten Leben ist und wie zuverlässig er sich gegen Manipulationen schützen lässt. Genau dort verläuft die neue Frontlinie: weniger am Auspuffende, mehr in der Software, weniger am Rollenprüfstand, mehr auf der Straße. Und für Hersteller, Schrauber und alle, die bislang gern mit Kennfeldern, Auspuffklappen oder Steuergeräten experimentiert haben, wird es an dieser Stelle richtig spannend. Denn die EU interessiert sich inzwischen stärker dafür, was ein Motorrad wirklich tut – nicht, was es im Idealfall im Labor zeigt.

Euro 5+ vs. Euro 6: Warum Motorräder hinter Autos hinterherhinken

Wenn du die Entwicklung der Abgasnormen vergleichst, wirkt es fast so, als ob Autos und Motorräder in zwei unterschiedlichen Zeitlinien leben. Während die Automobilwelt längst mit Euro 6d unterwegs ist und bereits über Euro 7 diskutiert, sitzt der Motorradsektor noch auf einem ganz anderen Stuhl – bewusst zeitversetzt, aus technischen Gründen und weil Motorräder schlicht nicht dieselben konstruktiven Möglichkeiten haben wie Pkw.

Ein Motorrad besitzt weniger Bauraum, deutlich engere thermische Grenzen und eine viel sensiblere Balance zwischen Gewicht, Hitze und Leistung. Ein Auto kann zusätzliche Katalysatoren, Partikelfilter, größere Kühler und aufwendigere Abgasrückführungssysteme verstecken. Bei einem Motorrad sieht man jeden Zentimeter Rohr, jeden Sensor, jeden Wärmeschild. Was beim Auto problemlos hinter einer Stoßstange verschwindet, muss beim Motorrad sichtbar, kühlbar und leicht bleiben. Genau deshalb bewegen sich Motorräder technisch in einem eigenen Rhythmus.

Mit Euro 5+, das seit 2024/2025 vollständig gilt, hat die EU bereits einen spürbaren Schritt gemacht. Diese Norm zielt weniger auf radikal niedrigere Grenzwerte ab, sondern auf Haltbarkeit und Transparenz. Der Katalysator muss über einen großen Teil der Lebensdauer stabil arbeiten – nicht nur während der ersten paar tausend Kilometer. Die On-Board-Diagnose hat eine deutlich größere Rolle bekommen: Sie muss Fehler erkennen, protokollieren und im Ernstfall sogar eingreifen, indem sie Leistung reduziert oder dich über dauerhafte Störungen informiert. Kurz gesagt: Das Motorrad soll im Alltag genauso „sauber“ funktionieren wie im Neuzustand auf dem Prüfstand.

Und genau hier stellt sich die Frage: Wie sieht das logische „Euro 6“ der Motorräder aus?
Auch wenn es keinen finalen Entwurf gibt, zeichnen sich die nächsten Frontlinien klar ab. Der wahrscheinlichste Zeitrahmen liegt zwischen 2028 und 2030 – genug Abstand zu Euro 5+, aber nah genug, um politische Forderungen umzusetzen, die bereits auf dem Tisch liegen. Und diese Forderungen richten sich weniger gegen klassische Emissionen wie CO₂ oder NOx, sondern gegen eine Schwachstelle, die jahrzehntelang im Schatten stand: die tatsächliche Geräuschentwicklung auf der Straße.

Denn während Motorräder im Labor oft erstaunlich leise sind, sieht die Realität anders aus. Viele Modelle klingen außerhalb des Testfensters deutlich präsenter – manchmal sogar aggressiv. Mit Euro 6 könnte sich das ändern. Nicht über strengere Abgasgrenzen, sondern über Testmethoden, die das messen, was wirklich zählt: den Klang in echten Fahrsituationen, nicht in idealisierten Prüfstandbedingungen.

Der wahre Feind: Lärm und der mögliche „RSE“-Test

Wenn du dir die aktuelle Debatte rund um neue Normen anschaust, wirst du schnell merken: Das eigentliche Schlachtfeld liegt nicht mehr bei CO₂ oder NOx. Der wahre Zankapfel ist der Lärm – genauer gesagt die Lücke zwischen dem, was im Labor gemessen wird, und dem, was draußen auf der Straße passiert. Genau dort entsteht das größte Misstrauen zwischen Politik, Anwohnern und Motorradfahrern.

Auf dem Papier erfüllen moderne Motorräder die geltenden Geräuschgrenzen problemlos. Die Messprozedur ist klar definiert, die Geschwindigkeit festgelegt, die Gänge vorgeschrieben – und die Hersteller haben sich über die Jahre perfekt darauf eingestellt. Das Ergebnis: Im Prüfstand laufen viele Motorräder so leise, dass du sie akustisch kaum von einem Mähroboter unterscheiden kannst.
Doch sobald das Motorrad den Messbereich verlässt, verwandelt es sich teilweise in ein völlig anderes Fahrzeug. Plötzlich wirkt es präsenter, voller, aggressiver. Manche Modelle legen ab einer bestimmten Drehzahl regelrecht einen zweiten Klangcharakter an den Tag. Und das hat nichts mit Zauberei zu tun, sondern mit ausgeklügelten Klappenmechanismen im Auspuff, die exakt wissen, wann sie geschlossen sein müssen – und wann sie öffnen dürfen.

Diese Diskrepanz ist es, die Politiker und Behörden seit Jahren stört. Man wirft den Herstellern nicht vor, die Normen zu brechen – sie erfüllen sie ja exakt. Aber man kritisiert, dass sie den Geist der Norm umgehen. Genau aus diesem Grund taucht ein Begriff immer häufiger in den Hintergrundpapieren und Workshops auf: RSE – Real Sound Emissions.

Der RSE-Ansatz würde das Testverfahren komplett verändern. Statt einer kurzen, eng definierten Messung würde der Klang über verschiedene Geschwindigkeiten, Gänge und Lastzustände hinweg erfasst. Ähnlich wie beim RDE-Test für Autos, der nicht prüft, wie sauber ein Motor im Labor ist, sondern wie er im Alltag funktioniert. Die EU denkt in die gleiche Richtung – nur diesmal beim Geräusch.

Was würde ein solcher RSE-Test praktisch bedeuten?

Erstens: Auspuffklappen, die nur aus einem Grund existieren – nämlich den Prüfstand zu „überlisten“ –, hätten keine Zukunft mehr. Denn sobald der Klang über mehrere Fahrsituationen hinweg überwacht wird, fällt jeder künstliche Trick auf.

Zweitens: Hersteller müssten den Klang ihrer Modelle physisch leiser gestalten. Nicht intelligenter, nicht softwaregesteuert – sondern tatsächlich mit größerem Volumen, anderer Dämmung, komplexeren Kammern. Der Auspuff als reines Design- oder Leistungsteil würde noch stärker zum regulierten Bauteil.

Drittens: Der Klang moderner Motorräder würde sich hörbar verändern. Ruhiger, gleichmäßiger, weniger „Druck“ beim abrupten Aufdrehen. Viele Fahrer würden das sofort merken, auch wenn die Hersteller versuchen, Charakter zu bewahren.

Gerade in der DACH-Region wäre dieser Schritt kaum überraschend. Die Diskussion um Motorradlärm kocht seit Jahren – Tirol ist nur das bekannteste Beispiel. In mehreren Bundesländern wird über streckenabhängige Beschränkungen diskutiert, und Kommunen stehen politisch unter Druck, Maßnahmen umzusetzen, die für ihre Anwohner nachvollziehbar sind. Ein europaweit einheitliches, realistisches Geräuschmessverfahren wäre für diese Diskussionen ein Geschenk.

Und für die Hersteller? Für sie würde RSE bedeuten, dass sie künftig keinen Spielraum mehr haben, den Klang an der Testzone vorbei auszurichten. Die Zeiten des „leise, bis du um die Ecke bist“ wären vorbei. Es wäre ein grundlegender Paradigmenwechsel – weg vom Prüfstand, hin zur Realität. Und das macht RSE so wahrscheinlich.

Anti-Tuning: Droht das Ende der „Kennfeldoptimierung“?

Während beim Thema Lärm vor allem der Auspuff im Fokus steht, nimmt die EU im Hintergrund längst einen zweiten Bereich ins Visier: die Manipulation des Motorsteuergeräts. Und dieser Bereich ist für viele von uns Bikern mindestens genauso sensibel wie der Klang. Denn wo früher ein Laptop, ein Kabel und ein „kannst du mir das ein bisschen sauberer abstimmen?“ genügt haben, entstehen heute ganze Schutzschichten, die das verhindern sollen.

Mit Euro 5+ ist bereits ein wichtiger Stein ins Rollen gekommen. Der Standard verlangt OBD II – also ein Diagnosesystem, das nicht nur Fehler erkennt, sondern sie unveränderbar dokumentiert. Die EU will wissen, was am Motorrad passiert, wann es passiert ist und ob das Fahrzeug seit der Typgenehmigung manipuliert wurde. Das klingt technisch, ist aber politisch aufgeladen: Man möchte sicherstellen, dass ein Motorrad im realen Betrieb genauso „sauber“ fährt wie im Prüflabor.

Der nächste logische Schritt könnte OBD III sein – eine Art permanente Überwachung der Betriebsdaten. Teilweise wird sogar ein OTA-Schutz (Over-the-Air) diskutiert, bei dem ein Steuergerät Eingriffe erkennt, speichert und im schlimmsten Fall die Funktion einschränkt. Denkbar wäre beispielsweise, dass ein Motorrad bei auffälligen Abweichungen in einen Notlauf fällt oder die Starterlaubnis verweigert. Nicht als Strafe, sondern als Sicherheitsmaßnahme zur Einhaltung der Zulassung. Das klingt nach Science-Fiction, ist in der Automobilwelt aber bereits Realität.

Für dich als Fahrer bedeutet das eine fundamentale Veränderung: Die klassische „Kennfeldoptimierung“ könnte zu einem Relikt aus der Vergangenheit werden. Schon heute ist es schwer, ein modifiziertes Kennfeld legal eingetragen zu bekommen. In einer möglichen Euro-6-Welt könnte es nahezu unmöglich sein.

Auch externe Systeme wie PowerCommander, Zusatzsteuermodule oder frei programmierbare Steuergeräte geraten zunehmend unter Druck. Sie arbeiten außerhalb der Typgenehmigung, verändern das reale Abgas- und Geräuschverhalten – und genau deshalb stehen sie seit Jahren im Fokus der Überwachungsbehörden. Wenn Motorräder künftig Manipulationen aktiv melden, müsste jeder Eingriff nicht nur sauber abgestimmt, sondern auch von einem Prüfer genehmigt werden. Das würde die Kosten massiv erhöhen, die Auswahl reduzieren und den Tuningmarkt in Richtung Spezialwerkstätten verschieben.

Die Kernbotschaft der EU ist eindeutig: Ein Motorrad soll im Alltag genau das liefern, was getestet und genehmigt wurde. Keine versteckten Leistungssteigerungen, keine Klangtricks, keine „Optimierungen“, die das Prüfstandsergebnis relativieren. Und gerade deshalb trifft diese Entwicklung das Tuning am härtesten. Nicht weil man es verbieten will, sondern weil man sicherstellen will, dass jedes zulassungspflichtige Fahrzeug reproduzierbar und transparent arbeitet.

Für alle, die gern schrauben und abstimmen, ist das ein schwerer Einschnitt. Für die Hersteller bedeutet es jedoch eine Entlastung – denn sie können ihre Motoren klarer regulieren und müssen weniger Angst vor Kundenmanipulation haben, die später auf sie zurückfällt. Für den Markt wird das zu einer neuen Realität führen: Tuning bleibt möglich, aber es wird teurer, kontrollierter und technisch anspruchsvoller.

Die Technikfrage: Welche Motoren kommen an ihr Limit?

Fragst du in Motorradforen oder an Biker-Stammtischen nach den größten Sorgen rund um zukünftige Normen, bekommst du fast immer dieselbe Antwort: „Halten unsere klassischen Motoren das noch aus?“
Gemeint sind damit vor allem luftgekühlte Zweizylinder, große Boxermotoren alter Schule, einfache Einzylinder — kurz: alles, was nicht komplett in Kühlkreisläufe, Dämmmatten und Elektronikschichten verpackt ist. Diese Motoren haben Euro 5 und sogar Euro 5+ erstaunlich gut überstanden. Einige Hersteller haben gezeigt, dass man mit cleverem Thermomanagement, verstellbaren Nockenwellen und präziser Einspritzung auch heute noch emotionale, mechanisch ehrliche Motoren bauen kann.

Doch wenn wir über ein mögliches Euro 6 sprechen, rückt eine bisher schwer greifbare Grenze in den Vordergrund: mechanischer Lärm.
Bei einem wassergekühlten Motor übernimmt der Flüssigkeitsmantel ganz nebenbei eine wichtige akustische Funktion — er dämpft. Ein luftgekühlter Zylinder hingegen ist akustisch „nackt“. Jeder Kolbenschlag, jeder Ventiltrieb, jede Resonanz klingt direkter durch. Genau das macht den Charme dieser Motoren aus — aber es ist gleichzeitig ihr größter Nachteil, wenn der Gesetzgeber strenger misst.

Wenn die nächste Norm tatsächlich auf Real Sound Emissions abzielt, könnte das für luftgekühlte Motoren problematisch werden. Man kann bestimmte mechanische Geräusche nur bedingt reduzieren, ohne das Grundkonzept zu zerstören. Dickere Wände, kompliziertere Kühlrippen oder zusätzliche Dämmungen helfen zwar, aber sie machen den Motor schwerer, träger und hitzeanfälliger. Und irgendwann verliert er das, was ihn ausmacht: Leichtigkeit, Einfachheit, Charakter.

Auch beim Thema Leistung wird sich einiges verschieben. Schon Euro 5+ zwingt Hersteller dazu, den oberen Drehzahlbereich teilweise zu glätten, um Lärm und Abgasgrenzen einzuhalten. Ein potenzielles Euro 6 könnte diesen Trend weiterführen:
Weniger Spitzenleistung, mehr Drehmoment unten.
Das bedeutet nicht, dass Motorräder langsamer werden – aber sie könnten sich anders anfühlen. Weniger „Druck“ ganz oben, dafür souveräner Durchzug untenrum. Für viele Touren- und Naked-Bikes wäre das sogar ein Vorteil. Für sportliche Modelle hingegen könnte es eine Herausforderung sein, emotionale Höchstdrehzahlen mit den kommenden Grenzwerten zu vereinen.

Dazu kommt ein technischer Trend, über den Hersteller bislang nur vorsichtig sprechen: mild-hybride Systeme. Kleine Elektromotoren, die beim Anfahren helfen, Lastspitzen glätten, in der Stadt emissionsfreie Bewegung ermöglichen oder einfach den Verbrenner im unteren Bereich entlasten. Nicht als vollwertiger Hybrid, sondern als intelligenter Begleiter für neue Umweltzonen oder innerstädtische Fahrverbote.
Das klingt futuristisch, aber erste Lösungen existieren bereits – und wenn die EU realistischere Geräusch- und Emissionsszenarien testen will, könnte genau das zur Brücke zwischen klassischem Verbrenner und vollelektrischem Motorrad werden.

Einige Motorenkonzepte werden die nächste Norm vermutlich überleben, aber nicht alle. Überdimensionierte luftgekühlte Klassiker könnten es schwer bekommen. Kompakte, modern geregelte Wasserkühler hingegen sind bestens vorbereitet. Und irgendwo dazwischen entsteht eine neue Klasse von „intelligenten“ Verbrennern, die mit kleinen E-Motoren zusammenarbeiten, statt gegen strengere Normen anzukämpfen.

Bestandsschutz: Muss ich mein altes Motorrad wirklich irgendwann abstellen?

Diese Frage taucht bei jeder neuen Norm reflexartig auf – fast so sicher wie der erste Kaffee am Morgen. Die Angst dahinter ist verständlich: Du investierst Zeit, Geld und Emotionen in dein Motorrad, und natürlich willst du wissen, ob irgendein EU-Dokument dir plötzlich das Fahren verbieten kann.

Die gute Nachricht: In Deutschland greift der Bestandsschutz.
Und zwar konsequent. Sobald ein Motorrad einmal zugelassen ist, bleibt diese Zulassung bestehen – ganz egal, welche Abgasnormen in Zukunft kommen. Keine Behörde darf dir dein Motorrad stilllegen, nur weil ein neuer Grenzwert beschlossen wurde, den dein Motorrad technisch gar nicht erfüllen kann. Die Abgasnorm betrifft immer Neuzulassungen, nie Fahrzeuge, die bereits im Verkehr sind.

Das klingt einfach, wird aber oft missverstanden. Viele lesen „neue Norm“ und interpretieren „Fahrverbot“. Doch dafür bräuchte es eine völlig andere Rechtsgrundlage, und die existiert im Bereich Abgas nicht. Euro 5, Euro 5+ oder später ein mögliches Euro 6 sind Typgenehmigungsnormen – sie regeln, welche Motorräder künftig verkauft werden dürfen, nicht welche weiterfahren dürfen.

Was allerdings bleibt – und das solltest du realistisch im Blick behalten – sind regionale Lärmbeschränkungen. Tirol ist dafür das bekannteste Beispiel: keine Abgasnorm, keine Umweltregelung, sondern eine reine dB-Grenze, die für ausgewählte Strecken gilt. Solche Regeln entstehen nicht wegen Abgasen, sondern wegen Anwohnerbeschwerden und politischen Drucks in stark belasteten Regionen.

Das bedeutet:
Nicht Euro 6 könnte dir Probleme machen, sondern die Frage, wie laut dein Motorrad ist – unabhängig vom Baujahr. Kommunen können in Ausnahmefällen streckenbezogene Regulierungen einführen, etwa zeitliche Sperrungen oder Schallobergrenzen. Aber auch hier gilt: keine pauschalen Verbote, keine flächendeckenden Einschränkungen und schon gar kein Zwang zur Verschrottung.

Dein aktuelles Motorrad bleibt legal.
Euro-Normen entscheiden darüber, was Händler künftig verkaufen dürfen – nicht darüber, was du besitzt. Wenn Einschränkungen kommen, dann fast immer aus der Lärmdebatte heraus und sehr lokal begrenzt, nicht durch neue Abgasstufen.

Fazit: Evolution statt Revolution

Wenn du den Blick etwas vom Tageslärm löst und dir die Entwicklung der letzten Jahre anschaust, wirkt das mögliche „Euro 6“ nicht wie ein radikaler Bruch, sondern wie der nächste logische Schritt in einer langen Reihe von technischen Anpassungen. Es geht weniger um Abgase und mehr um Kontrolle: Wie verhält sich ein Motorrad draußen, wenn niemand zuschaut? Wie laut ist es wirklich? Und wie leicht lässt es sich manipulieren?

Verbrennungsmotoren verschwinden dadurch nicht – das wäre ein überzogener Schluss. Aber ihre Charaktere könnten sich verändern. Was früher roh, mechanisch und unmittelbar war, wird in Zukunft vielleicht etwas geglätteter klingen und stärker von Elektronik überwacht. Hersteller müssen kreativer werden, weil die Spielräume enger werden. Und du wirst als Käufer vermutlich etwas mehr bezahlen, wenn du ein Motorrad willst, das trotz strenger Regeln immer noch energiegeladen klingt und sauber durchzieht.

Für Fans klassischer Motorenkonzepte bedeutet das: Euro 5+ könnte tatsächlich das letzte Kapitel der echten „Old-School“-Generation sein. Luftgekühlt, mechanisch hörbar, ein bisschen wild — diese Kombination wird es mit jeder neuen Norm schwerer haben, ohne ihre Identität zu verlieren.

Wenn du Klang, Vibrationen, offene Mechanik und die Freiheit liebst, an deinem Motorrad mehr zu machen als nur Öl zu wechseln, dann bist du mit heutigen Modellen auf der sicheren Seite. Nicht aus Panik vor der Zukunft, sondern weil die aktuelle Generation die perfekte Balance trifft: technisch sauber genug für moderne Regeln, aber noch frei genug, um wie ein Motorrad zu wirken, nicht wie ein akustisch erzogener Kompromiss.

Am Ende bleibt also keine Revolution, sondern eine stille, aber spürbare Evolution – und die Frage, welchen Charakter du persönlich bevorzugst.

❓ Häufige Fragen zu Euro 6, Lärmgrenzen & Tuning

Gibt es Euro 6 für Motorräder bereits offiziell?

Nein. Für Motorräder existiert aktuell kein verabschiedeter Euro-6-Standard. Die Diskussionen drehen sich um zukünftige Regeln, die vor allem Geräuschtests und Manipulationsschutz betreffen.


Muss ich mein aktuelles Motorrad stilllegen, wenn Euro 6 kommt?

Nein. In Deutschland gilt Bestandsschutz. Neue Abgasnormen betreffen ausschließlich Neuzulassungen, nicht bereits zugelassene Bikes.


Kann Euro 6 luftgekühlte Motoren verbieten?

Ein Verbot ist nicht vorgesehen. Allerdings könnten strengere Geräuschtests luftgekühlte Motoren an technische Grenzen bringen, weil ihr mechanischer Klang schwerer zu dämpfen ist.


Bedeutet Euro 6 das Ende der Auspuffklappen?

Sehr wahrscheinlich. Mit Real Sound Emissions (RSE) würden Klappenauspuffsysteme, die nur für Prüfstandsmessungen leise sind, regulatorisch keinen Spielraum mehr haben.


Wird Tuning mit PowerCommander oder Mapping noch möglich sein?

Nur eingeschränkt. Künftige OBD-III- oder OTA-Schutzsysteme könnten Manipulationen erkennen, dokumentieren und teilweise blockieren, sodass Kennfeldoptimierung deutlich schwieriger wird.


Hat Euro 6 Einfluss auf mögliche Fahrverbote in Tirol oder Deutschland?

Nein. Regionale Fahrverbote basieren auf dB-Grenzen, nicht auf Abgasnormen. Diese Regeln betreffen den realen Geräuschpegel, unabhängig vom Euro-Standard.


Können ältere Motorräder durch neue Geräuschregeln eingeschränkt werden?

Nur lokal. Städte oder Regionen dürfen streckenbezogene Lärmbeschränkungen einführen, aber keine generellen Verbote für ältere Motorräder aussprechen.


Werden Motorräder mit Euro 6 spürbar leiser?

Ja. Wenn RSE eingeführt wird, müssen Hersteller den realen Fahrgeräuschpegel stärker reduzieren, was zu größeren Schalldämpfern und zurückhaltenderen Klangprofilen führen kann.

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